Regelbedarfs-Fortschreibung 2016

Regelbedarfe der Sozialhilfe im Jahr 2016

Der Fortschreibungsmodus

Johannes Steffen | November 2015

Zum Jahresbeginn 2016 werden die Regelbedarfe der Sozialhilfe (SGB XII) – Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – um 1,24 Prozent erhöht. Für Alleinstehende steigt der monatliche Betrag von 399 Euro auf 404 Euro. Die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen wirkt sich auch auf die »Hartz-IV«-Sätze (SGB II), die Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sowie bei der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) aus.

Eine Fortschreibung der Bedarfssätze erfolgt in all den Jahren, für die keine Neuermittlung von Regelbedarfen auf Basis der alle fünf Jahre durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS – letztmals 2008) vorzunehmen ist. Die Fortschreibung richtet sich nach der Veränderungsrate des sogenannten Mischindexes; diese wiederum ergibt sich aus der Entwicklung zweier Komponenten: Der bundesweiten Veränderungsrate

  • des regelsatzrelevanten Preisindexes (Preiskomponente) sowie
  • der Nettoentgelte je Arbeitnehmer (Lohnkomponente).

Beide Werte werden vom Statistischen Bundesamt gesondert erhoben und sind daher auch nicht der laufenden amtlichen Statistik zu entnehmen.

Zur Ermittlung der Veränderungsraten werden die jeweiligen Werte zweier Zwölfmonatszeiträume einander gegenübergestellt. Hierbei handelt es sich um

  • den aktuellen Zwölfmonatszeitraum; dieser reicht – bezogen auf den Anpassungszeitpunkt – von Juli des vorvergangenen Jahres (2014) bis Juni des vergangenen Jahres (2015), sowie um
  • den vorvergangenen Zwölfmonatszeitraum, der sich über die Monate Juli des dritten vorausgehenden Jahres (2013) bis zum Juni des vorvergangenen Jahres (2014) erstreckt. Die für die Berechnung heranzuziehenden Werte entsprechen denen des aktuellen Zwölfmonatszeitraums der vorjährigen Anpassung.

Die Entwicklung der beiden Komponenten wird zunächst getrennt berechnet und anschließend im Mischindex zusammengeführt.

Preiskomponente

Maßgebend für die Bestimmung der Preiskomponente ist nicht der allgemeine Verbraucherpreisindex; zugrunde gelegt wird vielmehr ein spezieller Preisindex (Basisjahr 2010), der ausschließlich die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen berücksichtigt. Die Preiskomponente geht mit einem Anteil von 70 Prozent in die Veränderungsrate des Mischindexes ein. Die gegenüber der Lohnkomponente stärkere Gewichtung der Preiskomponente soll die Realwerterhaltung der Bedarfssätze gewährleisten.

Regelbedarfe 2016

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Der regelbedarfsrelevante Preisindex für den vorvergangenen Zwölfmonatszeitraum (2013/2014) lag bei 107,28; der Preisindex für den aktuellen Zwölfmonatszeitraum (2014/2015) wird vom Statistischen Bundesamt mit 108,08 angegeben; dies entspricht dem Durchschnitt der monatlichen Preisindizes in den maßgeblichen zwölf Monaten. Die Veränderungsrate beträgt mithin 108,08 / 107,28 = 1,007457 oder gerundet 0,7 Prozent. Obwohl es sich bei dem rechnerischen Ergebnis um eine Änderungsrate und nicht um einen Indexwert handelt und auch die Ausgangswerte mit zwei Nachkommastellen in die Berechnung eingehen, wird die Rundung des Ergebnisses auf nur eine Nachkommastelle mit der bei veröffentlichten Daten zur Preisstatistik (Preis-Indizes) »üblichen Rundung« begründet. [1]

Lohnkomponente

Bei der Bestimmung der Lohnkomponente wird auf die durchschnittlichen Arbeitsentgelte je beschäftigten Arbeitnehmer nach den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) abgestellt; zeitnah und ausschließlich auf niedrige Nettoentgelte abstellende statistische Daten sind nicht verfügbar. Indem neben der Preiskomponente auch eine Lohnkomponente – mit einem Anteil von 30 Prozent – bei der Fortschreibung Berücksichtigung findet, soll die Beiteiligung der Leistungsberechtigten an der gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung ermöglicht werden.

Für den vorvergangenen Zwölfmonatszeitraum (2013/2014) betrug der Durchschnitt der Nettolöhne und -gehälter 20.783 Euro; für den aktuellen Zwölfmonatszeitraum (2014/2015) ergibt sich nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ein Wert von 21.302 Euro. Die Veränderungsrate beträgt demnach 21.302 / 20.783 = 1,02497 oder gerundet 2,50 Prozent.

Mischindex

Der Mischindext addiert die mit 70 bzw. 30 Prozent gewichteten Veränderungsraten der Preis- und der Lohnkomponente:

(0,7 x 0,7 Prozent) + (0,3 x 2,50 Prozent) = 1,24 Prozent.

Somit wird jede der sechs Regelbedarfsstufen des Jahres 2015 zum Jahresbeginn 2016 mit 1,24 Prozent fortgeschrieben und auf volle Euro auf- bzw. abgerundet.

Der Fortschreibungsmodus steht gemeinhin nicht im Fokus der Kritik; diese richtet sich vielmehr gegen das Verfahren zur Ermittlung der Regelbedarfsstufen. Neben der Abgrenzung der EVS-Referenzhaushalte stößt vor allem die Auswahl der Güter und Dienstleistungen des regelbedarfsrelevanten Verbrauchs auf breite Kritik. Nach Vorliegen der Ergebnisse der EVS 2013 steht im kommenden Jahr eine Neuermittlung der Regelbedarfe für 2017 an – dann geht der Streit um die angemessene Höhe des sozio-ökonomischen Existenzminimums in eine neue Runde.

[1] Vgl. Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2016, BRDrs 435/15, S. 6.

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