Vereinbarkeit-Familie-Pflege-Beruf

Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Inhalt

Rechtsanspruch auf die bislang nur freiwillig zu vereinbarende Familienpflegezeit, Lohnersatzleistung (Pflegeunterstützungsgeld) bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Arbeitstagen, zinsloses Darlehen während der Pflege- bzw. Familienpflegezeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts, Erweiterung des Kreises der nahen Angehörigen sowie Ausnahmen vom Erfordernis der Pflege in häuslicher Umgebung.

Vorentwürfe

Referentenentwurf des BMFSFJ v. 09.09.2014

Entwurf eines Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf (Kabinettsbeschluss v. 15.10.2014)

Gesetzgebungsverfahren

Gesetzentwurf der Bundesregierung - BRDrs 463/14 v. 16.10.2014

Gesetzentwurf der Bundesregierung - BTDrs 18/3124 v. 10.11.2014

1. Lesung - Plenarprotokoll 18/67 v. 14.11.2014 (S. 6351 - 6371)

Schriftliche Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend v. 24.11.2014

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - BTDrs 18/3449 v. 03.12.2014

2. und 3. Lesung - Plenarprotokoll 18/73 v. 04.12.2014 (S. 6946 - 6955)

BGBl I Nr. 64 (2014) S. 2462 - Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf


AUSZEIT FÜR DIE PFLEGE VON ANGEHÖRIGEN
Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Für wen ist die Auszeit gedacht?

Die Auszeit ist für Arbeitnehmer (ArbN) gedacht, damit sie die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angegörigen in dessen häuslicher Umgebung organisieren oder durchführen können. Möglich ist die Auszeit schon heute in Form eines kurzzeitigen Fernbleibens von der Arbeit, einer bis zu sechsmonatigen Pflegezeit oder einer bis zu zweijährigen Familienpflegezeit.

Die bisherige Regelung

Pflegezeitgesetz
(01.07.2008)

Familien-
pflegezeit-
gesetz
(01.01.2012)

A.
Kurzzeitige
Arbeits-
verhinderung

B.
Pflegezeit

C.
Familien-
pflegezeit

Recht auf Fernbleiben von der Arbeit für 10 Arbeitstage zur Organisation der Pflege naher Angehöriger.

Recht auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit für bis zu 6 Monate (bei ArbGeb mit mehr als 15 ArbN).

Freiwilliger Vertrag zwischen ArbGeb und ArbN zur teilweisen (nicht unter 15 Stunden pro Woche) Freistellung von der Arbeit für bis zu 24 Monate (zusammen mit evtl. Zeiten nach B.)

Kein Entgelt-/ Entgeltersatz-Anspruch.

Kein Entgelt-/ Entgeltersatz-Anspruch. Förderung des ArbGeb (zinsloses Darlehen) in Höhe der Entgelt-Aufstockung. Beispiel: ArbN reduziert die Arbeitszeit für 2 Jahre auf 50% | ArbGeb stockt Entgelt um 25% auf | ArbN-Entgelt beträgt für 4 Jahre insgesamt 75% (Arbeitszeit-Konto).

 

Die vorgesehenen Änderungen (ab 2015)

Pflegezeitgesetz
(01.07.2008)

Familien-
pflegezeit-
gesetz
(01.01.2012)

A.
Kurzzeitige
Arbeits-
verhinderung

B.
Pflegezeit

C.
Familien-
pflegezeit

Anspruch auf Pflegeunter-
stützungsgeld in Höhe des »Kinder-
krankengeldes« (§ 44a III SGB XI neu - Lohnersatz bis zu 90% des Netto).

Rechtsanspruch auf Pflegezeit (in Betrieben mit mehr als 15 ArbN) und Familienpflegezeit (in Betrieben mit mehr als 25 ArbN). Zur Sicherung des Lebensunterhalts haben ArbN Anspruch auf ein zinsloses Darlehen bis zur Höhe der Hälfte der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt vor und während der Familienpflegezeit bzw. Pflegezeit (bei Pflegezeit maximal in Höhe des Betrages, der bei einer Arbeitszeit von 15 Std. pro Woche zu gewähren ist).
Im Härtefall soll Betroffenen die Rückzahlung erspart bleiben und der Staat einspringen - etwa wenn der Pflegende selbst zum Pflegefall wird.

Wer ist naher Angehöriger?

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern
  • Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Schwägerinnen und Schwäger
  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder
  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners
  • Schwiegerkinder und Enkelkinder

fett = ab 2015

Gilt die Auszeit nur für häusliche Pflege?

Gegenwärtig ja. - Künftig können die bis zu 6-monatige Pflegezeit und die bis zu 24-monatige Familienpflegezeit bei Pflege eines Minderjährigen auch dann beansprucht werden, wenn dieser sich in einer stationären Einrichtung befindet.
Und Pflegezeit kann ab kommendem Jahr in Fällen der Sterbebegleitung auch außerhalb der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen genutzt werden - für eine Dauer von bis zu drei Monaten.

Inanspruchnahme und Kosten

Zur Finanzierung des kurzfristigen Lohnersatzes soll die Pflegeversicherung rund 100 Millionen Euro bereitstellen. Hier rechnet das Familienministerium mit etwa 40.000 Anträgen pro Jahr - unbezahlt hatten bislang nur rund 9.000 ArbN die kurzzeitige Auszeit genutzt.
Bei Pflege- und Familienpflegezeit geht das Ministerium für 2018 von rund 7.000 Fällen aus. 4.000 von ihnen könnten sich demnach für das zinslose Darlehen entscheiden. Vom Familienpflegezeitgesetz machten im vergangenen Jahr nicht einmal 150 Personen Gebrauch.
Arbeitnehmer, die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen und leistungsberechtigt nach SGB II (»Hartz IV«) sind oder werden, müssen das zinslose Darlehen (in voller Höhe) beantragen. Bei der Berechnung bedürftigkeitsabhängiger Sozialleistungen sind die Zuflüsse aus dem Darlehen als Einkommen zu berücksichtigen.

Jahr Prognostizierte (Netto-) Ausgaben für Darlehen in Mio. Euro
2015 1,3
2016 6,6
2017 8,1
2018 9,4